Freiheit für Hyperlinks?

Rechtliche Risiken beim Setzen von Links

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Die fundamentale Bedeutung von Hyperlinks für das Bestehen des World Wide Web haben längst auch die höchsten deutschen Gerichte bestätigt. Das bedeutet aber keinesfalls, dass User beim Setzen von Verknüpfungen auf der eigenen Website, im Rahmen von Blogs oder Social Media einen Freibrief haben. Zwar ist viel erlaubt, es gibt jedoch insbesondere im Bereich des Urheber- und des Werberechts einige Grenzen, die man kennen muss. Dieser Beitrag bietet einen Überblick darüber, was bei der Setzung eines Links zu beachten ist und wo rechtlichen Hürden lauern können.

 

Um die Rechtslage rund um Hyperlinks verstehen zu können, muss man zunächst wissen, dass die juristische Beurteilung von Links in keinem Gesetz explizit geregelt ist. Daher hat sich über die letzten 20 Jahre ein buntes Richterrecht gebildet, welches nicht immer von dem allergrößten technischen Verständnis für das Funktionieren des Webs geprägt war. Zudem neigen die Gerichte auch dazu, sich zu widersprechen: Und hat sich einmal eine gewisse Rechtssicherheit eingelebt, so schafft es ein Gericht durch neues Urteil wieder in kürzester Zeit, Rechtsunsicherheit in einigen Teilbereichen zu schaffen. Dessen ungeachtet haben sich über die Jahre feste Grundsätze gebildet, auf die man bauen und vertrauen kann.

 

I. Wann ist ein Link ein Link?

Überraschenderweise streiten die Juristen schon darüber, was überhaupt ein Hyperlink ist. Dabei handele es sich laut Wikipedia1 um einen „elektronischen Verweis, der mit einem Klick den Sprung zu einer anderen Webseite oder Datei ermöglicht“. Dementsprechend fallen nur klickbare Links unter diese Definition, keine ausgeschriebenen Verknüpfungen in Textform, die man manuell in die Adresszeile des jeweiligen Internetbrowsers eingeben muss.

Es mache daher „einen auch rechtlichen Unterschied aus, ob der Leser durch bloßes Anklicken eines Links auf eine rechtswidrige Website gelangt, oder ob er erst noch durch die Übernahme eines Suchbegriffs in eine Suchmaschine oder durch Eingabe des Namens der Website in die Adresszeile eine Internetseite erreicht“, findet das Oberlandesgericht (OLG) München im Jahr 20082.

Bei der oberen Darstellung handelt es sich also rechtlich um einen Link, bei der unteren nicht:

http://www.grimme-forschungskolleg.de/

http://www.grimme-forschungskolleg.de/

Weiterhin gibt es unterschiedliche Arten von Hyperlinks. Der sogenannte „Surface-Link“ verweist lediglich auf die Startseite eines Web-Angebots. Der „Deep-Link“ verweist auf eine spezielle Datei innerhalb eines Webangebots. Der „Inline-Link“ (Hotlink) ermöglicht es, externe Inhalte auf die eigene Webseite einzubinden, ohne dabei die Herkunft zu erkennen, wie dies beispielsweise regelmäßig bei YouTube-Videos der Fall ist. Im Rahmen des „Framings“ werden fremde Inhalte von fremden Webseiten wie Videos, Fotos oder aber auch Textnachrichten in die eigene Webseite eingebunden.

 

II. Rechtssichere Links

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Verweist man mit einem Hyperlink auf Inhalte fremder Webseiten, stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Setzung eines Hyperlinks zulässig ist. Dazu hat im Grundsatz der Bundesgerichtshof (BGH) im Rahmen des so genannten Paperboy-Urteils3bereits 2003 festgestellt, dass Verknüpfungen, auch auf Unterseiten eines Online-Angebots, ohne Zustimmung des Verlinkten zulässig sind. Zur Begründung hob das Gericht vor allem darauf ab, dass ohne den Einsatz von Hyperlinks die sinnvolle Nutzung der unübersehbaren Informationsfülle im World Wide Web praktisch ausgeschlossen wäre. Die Grundsatzentscheidung bestätigte Anfang 2014 auch noch einmal der Europäische Gerichtshof.

 

1. Technische Schutzmaßnahmen

Eine Grenze findet diese Freiheit allerdings dann, wenn ein Website-Betreiber erkennbar eine technische Schutzmaßnahme ergriffen hat, etwa eine Session-ID, um den öffentlichen Zugang zu einem geschützten Werk nur auf dem Weg über die Startseite zu eröffnen. In diesem Fall greift das Setzen eines Hyperlinks in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung eines Werkes aus § 19a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) ein und ist nicht erlaubt.

 

2. Verlinkung auf eine Webseite mit rechtswidrigen Inhalten

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Schwieriger ist die Abgrenzung vor allem bei der Frage, ob und in wie weit der Verlinkende für rechtswidrige Inhalte haftet, die sich auf der verknüpften Website befinden. Dies kann beispielsweise eine eindeutige Beleidigung sein, ein nicht lizenziertes Online-Casino oder der Verkauf von nicht zugelassenen Medikamenten. Sofern dem Nutzer beim Setzen des Links bekannt und ersichtlich ist, dass er auf eindeutig verbotenen Content verlinkt, ist er auch rechtlich dafür verantwortlich – unter Umständen sogar nach den Vorgaben des Strafrechts.

In der Regel wird die Frage nach der Zulässigkeit aber nicht so einfach zu beantworten sein. Die Rechtsprechung geht dann davon aus, dass derjenige, der einen Link setzt, Prüfungspflichten aufweist. Diese bestimmen sich nach der Rechtsprechung des BGH 4nach dem Zusammenhang, in dem die Verknüpfung verwendet wird, dem Zweck des Links sowie danach, welche Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Inhalte bestand oder bestehen müsste. Allerdings dürfen nach Ansicht der Gerichte im Interesse der Meinungs- und Pressefreiheit an die erforderliche Prüfung keine zu strengen Anforderungen an den Verlinkenden gestellt werden. Eine Haftung kommt also nur dann in Frage, wenn die verbotenen Inhalte auf der verlinkten Seite nicht wirklich völlig eindeutig erkennbar sind.

 

3. Zu Eigen machen

Wird mittels Hyperlink auf eine Webseite verlinkt, die rechtswidrigen Inhalt aufweist, so kommt eine Haftung des Linksetzenden nach der Rechtsprechung des BGH 5nur unter folgenden Voraussetzungen in Betracht:

  • Zu Eigen machen fremder Informationen
  • Kenntnis der Rechtswidrigkeit

Wer sich fremde Inhalte „zu Eigen macht“, haftet für diese fremden Inhalte grundsätzlich wie für eigenen Content. Ob ein solches Handeln vorliegt, ist immer auf Basis der objektiven Sicht eines so genannten verständigen Durchschnittsnutzers zu bestimmen. Wenn man also lediglich für weitere Informationen auf eine fremde Webseite verlinkt, also in Funktion einer Fußnote, wird man sich die fremden Inhalte kaum zu Eigen machen. Dies kann jedoch dann angenommen werden, wenn man beispielsweise ein fremdes Foto mittels eines Hotlinks in die eigene Webseite einbindet oder den verknüpften Inhalten explizit zustimmt.

Eine weitere Voraussetzung für eine Haftung war nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs immer die Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Inhalte. Der BGH 6 vertritt dabei die Auffassung, dass dem Linksetzenden Prüfpflichten treffen. Hieraus ergibt sich, dass eine Haftung grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn es sich dabei nicht um offensichtlich, also klar und eindeutig erkennbar rechtswidrige Inhalte handelt.

Wer auf eine Bombenbauanleitung verlinkt, wird sich daher nur schwerlich aus der Haftung reden können. Das Gleiche gilt auch für Links auf rechtswidrige Kopien von aktuell laufenden Kinofilmen. Weitaus schwieriger wird es dagegen sein, zu beurteilen ob ein Online-Casino über eine ordnungsgemäße Lizenz verfügt oder ein auf einer fremden Seite widergegebenes Gedicht den strengen Anforderungen des Urheberrechts entspricht. Erfüllt man seine Prüfpflichten bezüglich der verknüpften Seite und entfernt den Link bei nachträglicher Kenntnis der Rechtswidrigkeit sofort, so ist man rechtlich auf der sicheren Seite.

 

4. Ausnahmen für die Presse

Es existieren jedoch auch Ausnahmen, wann eine Verlinkung sogar auf offensichtlich rechtswidrigen Inhalten zulässig ist. Der Bundesgerichtshof hat mit einem Urteil7 aus dem Jahr 2008 entschieden, dass in einigen Fällen eine Linksetzung im Rahmen der redaktionellen Berichtserstattung auf Basis der Meinungs- und Pressefreiheit zulässig ist – selbst wenn die verlinkte Seite Rechtsbrüche beinhaltet.

Dem Fall lag eine Berichterstattung des IT-Branchendienstes heise.de zugrunde, der über das Unternehmen Slysoft berichtet. Dieses veröffentlichte unter anderem ein Programm, welches in der Lage war, den Kopierschutz bei CDs und DVDs aufzuheben und somit die CDs und DVDs problemlos zu vervielfältigen. Dieses Brechen des Kopierschutzes stellt eine urheberrechtswidrige Handlung dar. Die Vorinstanzen vertraten hier die Auffassung, dass bereits mit dem Setzen der Links zum Hersteller der Software eine Art Beihilfehandlung vorliegt. Der Bundesgerichtshof entschied jedoch anders: In Ausnahmefällen dürfe eine Verknüpfung zu rechtswidrigen Inhalten gesetzt werden, wenn dies zum geschützten Bereich der freien Berichterstattung gehört. Begründet wird dies damit, dass der Link in diesen Fällen vergleichbar mit einer Fußnote zu zusätzlichen Informationsquellen darstellt.

 

5. Die Links und das Urheberrecht

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Die über die letzten Jahre entstandene, fein austarierte Haftungsbalance bezüglich der Haftung für Links wurde im Jahr 2016 durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)8 und einem darauf beruhenden Beschluss des Landgerichts Hamburg 9 erheblich erschüttert.

Ausgangspunkt des Verfahrens war eine niederländische Website, die im Jahr 2011 einen Hyperlink zu einer australischen Website veröffentlich hatte, auf der Playboy-Fotos einer TV-Moderatorin zugänglich waren. Das Problem: Die Veröffentlichung war ohne Einwilligung des Rechteinhabers an den Bildern erfolgt. Hierauf würde das Magazin auch hingewiesen, was sich jedoch gleich weigerte, den Verweis zu entfernen.

Nach bisheriger deutscher Rechtsprechung wäre die Lösung des Falls eindeutig: Es dürfte für die Betreiber von der Website im vorliegenden Fall klar erkennbar gewesen sein, dass die verlinkten Playboy-Bilder ohne Erlaubnis des Rechteinhabers online standen. Eine Haftung hätte damit allerspätestens dann bestanden, nachdem man darauf explizit hingewiesen worden war.

Der EuGH geht jedoch einen ganz anderen Weg und trägt damit einem völlig aus dem Ruder gelaufenen Urheberrecht Rechnung, das hier einen erheblichen Kollateralschaden anrichtet. Wer danach im weitesten Sinne gewerblich handelt, den treffen umfangreiche Prüfungspflichten und Haftungsrisiken. Es könne von diesem Personenkreis erwartet werden, dass er „die erforderlichen Nachprüfungen vornimmt, um sich zu vergewissern, dass das betroffene Werk nicht unbefugt veröffentlicht wurde“. Entscheide er sich für eine Verknüpfung, so sei zu vermuten, dass diese „in voller Kenntnis der Geschütztheit des Werks und der etwaig fehlenden Erlaubnis“ vorgenommen wurde. Kann diese Vermutung nicht entkräftet werden, liege eine unerlaubte „öffentliche Wiedergabe“ der fremden Werke vor, für die der Linksetzer haftet und daher abgemahnt werden kann.

„Gewerblich“ handelt bereits derjenige, der auf seiner Website ein Werbebanner setzt. Erfasst werden ebenso alle Unternehmen, Freiberufler und jeder, der im weitesten Sinne beruflich handelt, etwa im Rahmen von Social Media Accounts. Warum diese Gruppe besser in der Lage sein soll, Rechtsverstöße auf fremden Websites zu erkennen, bleibt das Geheimnis des EuGH.

In der Praxis bedeutet dies, dass gewerblich handelnde Personen zukünftig dafür verantwortlich sind, dass z.B. eine verlinkte Seite eines Herstellers keine mit einer falschen Lizenz veröffentlichten Fotos, keine versehentlich übernommenen Grafiken und keine unerlaubt übernommenen Texte enthält. All dies soll nach Ansicht des EuGH vor der Verlinkung geprüft werden. Wie dies geschehen soll, zumal in einer angemessenen Zeit, beantwortet das Gericht nicht.

Dieser völlig praxisfernen Entscheidung des EuGH schloss sich wenig später das LG Hamburg im Rahmen eines ähnlich gelagerten Sachverhalts an. Immerhin scheint man dort erkannt zu haben, wie wenig umsetzbar die eigenen Vorgaben sind. In einem neuen Fall, sechs Monate später, ruderte man hinsichtlich der Anforderungen erkennbar zurück. Ohnehin blieb die nach den beiden ersten Entscheidungen befürchtete Abmahnwelle aus. Insofern ist zu hoffen, dass sich die Gerichte darauf besinnen, dass ein Betreiber vor Setzen eines Links keinerlei Chance hat, die verknüpfte Website vollständig auf Urheberrechtsverstöße zu überprüfen und die geradezu absurde Rechtsprechung revidieren.

 

6. Bezahlte Links

Rechtlich problematisch ist die Verwendung von so genannten Sponsored-Links. Das sind Verknüpfungen, welche gegen Bezahlung auf eine fremde Website führen. Der Inhaber dieser Seite erkauft sich damit eine Linksetzung als werbliche Maßnahme, meist gegen die Zahlung einer Vergütung für die Weiterleitung eines Users oder einen auf der Seite getätigten Kauf.

Im Zusammenhang mit solchen gekauften Links wird gerne vergessen, diese auch als bezahlt und somit als Werbung kenntlich zu machen. Vergisst man dies, kann ein Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) 10 vorliegen. Damit ist es nur eine Frage der Zeit, bis spezialisierte Abmahnanwälte eine Abmahnung versenden, was mit hohen Kosten verbunden ist. Nach überwiegender Auffassung reicht es dabei nicht aus, die Werbung als mit den Begriffen „Sponsored“ oder „Ad“ zu kennzeichnen. Vielmehr ist erforderlich, solche Links auch explizit mit den Begriffen „Werbung“ oder „Anzeige“ kenntlich zu machen.

 

7. Der Name des Links

Ein besonders einfacher Weg, für juristischen Ärger zu sorgen, liegt schließlich in der Benennung einer Verknüpfung. Wer hier zum Beispiel einen an sich völlig unproblematischen Link auf eine Unternehmenswebsite mit den Bemerkungen verknüpft, über diesen Verweis ginge es zu den „schlimmsten Gangstern der Branche“, wird dadurch sicher in kürzester Zeit Kontakt mit Anwälten machen dürfen. Derartige Fälle kommen in der Praxis überraschend häufig vor und stellen vermutlich die meisten Fälle einer „Haftung für Links“ dar.

 

III. Fazit

Die gute Nachricht zuerst: Man muss vor dem Setzen eines Links nicht nach einer Erlaubnis fragen.

Eine Grenze findet diese Freiheit der Verknüpfungen allerdings dort, wo eindeutig erkennbar ist, dass die verlinkte Seite technisch gegen eine Verlinkung geschützt ist oder sie fragwürdige oder eindeutig verbotene Inhalte enthält. Verlinkt man als Privatperson auf solche fragwürdigen Inhalte, kommt es im Einzelfall darauf an, ob der Inhalt offensichtlich rechtswidrig ist und man zumutbare Prüfpflichten unternommen hat, um die Seite zu kontrollieren.

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Dies klingt allerdings härter, als es in der Praxis gelebt wird. Denn Abmahnungen und Urteile rund um Hyperlinks sind vergleichsweise selten. Dies hat sich glücklicherweise auch durch die unglückliche Rechtsprechung von EuGH und Landgericht Hamburg rund um die Haftung für Urheberrechtsverletzungen auf der verlinkten Website nicht geändert. Hier scheint es, als würde sich diese praxisferne Auslegung nicht durchsetzen. Tun kann der User ohnehin nichts, denn eine Überprüfung der verlinkten Websites in der vom EuGH geforderten Form ist schlicht unmöglich.

Daher gilt im Ergebnis: Hyperlinks sind elementarer Bestandteil des Web und unterfallen der Meinungs- und Pressefreiheit. Sie dienen der Erschließung neuen Wissens, konfrontieren mit anderen Meinungen und öffnen neue Horizonte. Die Linkfreiheit ist elementar und wir dürfen nicht hinnehmen, dass sie durch kleingeistige Urteile oder einem völlig übertriebenen Urheberrecht eingeschränkt wird. Diese Freiheit müssen wir uns nehmen.

Über den Autor

Joerg Heidrich & Brian Scheuch

Joerg Heidrich ist als Anwalt für den Bereich Datenschutz, eCommerce und IT-Sicherheitsrecht in Hannover tätig. Daneben ist er als Justiziar und Datenschutzbeauftragter des Heise-Verlags beschäftigt. Er ist Fachanwalt für IT-Recht, zertifizierter Datenschutzbeauftragter (TÜV) und Sachverständiger für IT-Produkte (ULD SH/rechtlich).

Rechtsanwalt Brian Scheuch ist seit 2012 in der IT-Welt zu Hause. Bei seiner mehrjährigen Tätigkeit bei einem der größten IT-Dienstleister Deutschlands, konnte er nicht nur juristisches Know-How sammeln, sondern auch technisches. Neben diversen Fachpublikationen ist er Autor für die Zeitschrift c't und Heise Online.

Die gemeinsame Kanzlei ist unter recht-im-internet.de zu erreichen.


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